HANDBALL

Timofte freut sich auch auf Rumänien

 

 Nach langer Zeit ist das Heimatland des Dinslakener Trainers wieder dabei. Vorfreude auch bei Nils Homscheid und Lars Baron 

 

Auf die Unterstützung der deutschen Fans setzen die Experten aus Dinslaken und Voerde bei der Handball-EM. Jürgen Kessler Berlin

Wenn ab kommenden Mittwoch mit dem Rekordspiel zwischen Deutschland und der Schweiz, zu dem in der Düsseldorfer Arena rund 50.000 Zuschauer erwartet werden, die Handball-Europameisterschaft der Herren beginnt, dann hat Marius Timofte gleich zwei Teams im Rennen: der Trainer von Handball-Regionalligist MTV Rheinwacht drückt nicht nur der Mannschaft des Gastgebers die Daumen, sondern auch der Auswahl seines Heimatlandes Rumänien. Dass beide Nationen gemeinsam bei einer Großveranstaltung dabei waren, ist sehr lange her. Die einstige südosteuropäische Handball-Großmacht, die in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sogar viermal Weltmeister war, hat eine beträchtliche Durststrecke hinter sich. 1996 gelang die letzte EM-Teilnahme. Bis 1993 hatte der Dinslakener Übungsleiter selbst noch das rumänische Nationaltrikot übergestreift.

Über Neukirchen nach Dinslaken

Dann zog es Timofte nach Deutschland, wo er aus der Ferne den Niedergang des Handballs am schwarzen Meer beobachten konnte und über die Stationen Heilbronn-Horkheim, Rostock und SV Neukirchen 1999 den Weg zum MTV nach Dinslaken fand, den er bis zum Sommer 2015 als Spielertrainer führte und seit Ende 2022 wieder als Coach betreut. Dass sein Heimatland endlich einmal wieder bei Titelkämpfen dabei ist, und das noch dazu in Deutschland, freut den 56-jährigen Lehrer natürlich. Timofte ist allerdings nicht davon überzeugt, dass Rumänien auch wirklich lange dabei bleibt: „Wenn sie die Gruppe überstehen, wäre das schon ein großer Erfolg“, sagt der MTV-Trainer, „es fehlt der Mannschaft vor allem an der Turniererfahrung.“

Die Rumänen haben in Gruppe B auch starke Kontrahenten zu bespielen. Sie treffen auf Spanien, Österreich und Kroatien. Ein Weiterkommen wäre da tatsächlich schon eine Überraschung. Deutlich größer schätzt Timofte, der seit 2008 auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, da schon die Chancen des Gastgebers ein: „Da kommt es aus meiner Sicht aber auch darauf an, dass Deutschland einen guten Start ins Turnier hat und die vielen jungen Leute dadurch weiter Selbstvertrauen tanken können. Dann ist das Viertelfinale oder auch das Halbfinale sicher drin.“

„Super Werbung für den Sport“

Timofte, für den Dänemark und Frankreich die größten Favoriten auf den Titel sind, wird sich vor dem Fernseher in jedem Fall so viele Partien wie möglich anschauen. Für den A-Lizenz-Inhaber sind die großen Turniere der Profis auch immer eine Möglichkeit der Fortbildung, auch wenn sich natürlich nicht immer alles Eins-zu-Eins auf den Amateurbereich übertragen lasse. Beobachtet hat der Rheinwacht-Trainer in den letzten Jahren auf jeden Fall, „dass die Abwehrleistungen in der Spitze noch besser geworden sind, die Torhüter eine immer größere Rolle spielen und vorne meist nicht sofort abgeschlossen wird. Da wird immer wieder mit Druck und Kombinationen auf klarere Chancen hingearbeitet.“

Groß ist die Vorfreude auf das Event auch bei Nils Homscheid. Der junge Voerder, der über die SV 08/29 Friedrichsfeld und die JSG Hiesfeld/Aldenrade bei Tusem Essen gelandet ist, wo er längst fest zum Kader des Zweitliga-Teams gehört, denkt, „dass die Handball-EM eine super Werbung für unseren Sport sein kann und ein tolles Ereignis wird, dass allen Sportfans hoffentlich lange positiv in Erinnerung bleibt.“ Der 21-Jährige sieht die deutsche Mannschaft in jedem Fall lange im Turnier: „Ich glaube, dass sich die Mannschaft mit Unterstützung der Fans in einen Rausch spielen und es weit bringen kann.“ Bei der WM 2019 habe er als Zuschauer selbst miterleben können, „welche Kraft die deutschen Fans der Mannschaft verleihen können.“ Ob er diesmal einmal live dabei sein kann, hänge noch von den Essener Trainingszeiten und den Ticketkontingenten ab.

Ganz nah dran

Über Tickets muss sich Lars Baron keine Sorgen machen. Der Dinslakener ist beruflich bei der Europameisterschaft dabei und als Fotograf auch ganz nah dran. Schon 2007, als Deutschland in Köln letztmals Weltmeister wurde, stand der frühere Kreisläufer, der selbst beim MTV und später unter Homscheids Vater André in Friedrichsfeld seine Tore warf, für seine Agentur „Getty Images“ am Spielfeldrand. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro erlebte der 48-Jährige den Gewinn der deutschen Bronzemedaille beim Sieg über Polen hautnah mit. „Handball zu fotografieren macht Spaß“, sagt Baron, der sonst weltweit meist in Fußballstadien und bei der Formel 1 unterwegs ist, „nicht nur, weil ich selbst früher gespielt habe. Es gibt einfach viele Aktionen. Der Sport ist sehr actiongeladen und körperbetont.“

Für das Eröffnungsspiel im großen Düsseldorfer Stadion hat sich der Dinslakener natürlich auch ein paar Feature vorgenommen, die den ungewöhnlichen Spielort und die Masse der Fans zeigen. In Berlin wird Baron auch das Spiel der Deutschen gegen Nordmazedonien knipsen, dann folgt für ihn die Hauptrunde in Köln sowie Halbfinale und Finale, ebenfalls in der Domstadt. Am liebsten natürlich mit deutscher Beteiligung. Baron will es nicht ausschließen: „Ich hoffe, dass die Zuschauer die deutsche Mannschaft tragen. Meine Befürchtung ist allerdings auch, dass das Team vielleicht zu jung und unerfahren ist. Bei der WM 2007 war Deutschland insgesamt, glaube ich, stärker.“

Timo Kiwitz