Handball

MTV vergibt eine große Chance

Dinslakener Handball-Regionalligist ist gegen die HSG Siebengebirge lange auf Erfolgskurs, muss sich beim 22:23 aber knapp geschlagen geben. Jakobs bemängelt Chancenverwertung.

Steffen Hahn war mit sechs Treffern bester MTV-Schütze und verdiente sich Bestnoten in der Deckung. Heiko Kempken

Timo Kiwitz
Zwei Vereine aus dem Keller der Regionalliga hatten schon am Vortag verloren. Die Chance war da. Mit einem Erfolg über die HSG Siebengebirge, einem weiteren direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt, hätten die Handballer des MTV Rheinwacht die Abstiegsränge nach langer Zeit erstmals wieder verlassen. Am Ende erging es den Dinslakenern aber ähnlich wie der deutschen Nationalmannschaft am Abend zuvor gegen Kroatien. Die Mannschaft von Harald Jakobs lag bis weit in die Schlussphase vorne, doch als die 60 Minuten abgelaufen waren, jubelte der Gegner aus Königswinter. Die 22:23 (10:7)-Niederlage wirft den amtierenden Meister wieder zurück.
Drei Zähler trennen das Schlusslicht nun erneut vom rettenden Ufer. Der TV Jahn Köln-Wahn, der auf Platz zwölf rangiert, kommt am kommenden Sonntag zum ersten Rückrundenspieltag nach Dinslaken. Ein Sieg ist dann schon Pflicht, um nicht frühzeitig den Anschluss zu verlieren.

Trainer Jakobs war nach der Schlusssirene spürbar geknickt. „Wir haben heute eine große Chance vertan. Mit einem Erfolg wären wir wieder voll im Geschäft gewesen“, trauerte der Rheinwacht-Übungsleiter einer verpassten Gelegenheit nach.

Gegen den Tabellennachbarn stellten die Gastgeber über weite Strecken der ersten Hälfte eine überragende Abwehr. Am Mittelblock mit Dennis Backhaus und Steffen Hahn war für Siebengebirge kaum ein Vorbeikommen. Fand doch einmal ein Ball den Weg durch das MTV-Bollwerk, war der erneut starke Nils Ahlendorf im Tor auf dem Posten. Über 21 Minuten waren bereits gespielt, als die Gäste ihren zweiten Treffer zum 7:2 erzielten. Weil sich Dinslaken im Angriff allerdings ebenfalls ziemlich schwer tat und in der Schlussphase von Hälfte eins noch ein paar leichte Fehler hinzukamen, war das Polster beim Gang in die Kabine jedoch keineswegs beruhigend.

Im zweiten Abschnitt knabberte die HSG weiter am Dinslakener Vorsprung. Die Hausherren blieben defensiv aber stabil und legten immer wieder vor. Doch mit zunehmender Spieldauer kam dann Gästeshooter Bjarne Steinhaus immer besser rein. Wenn seinem Team nichts mehr einfiel, war Steinhaus zur Stelle und markierte einfache Tore aus der zweiten Reihe. Der MTV, der nun lange mit Jonas Höffner, Nils Kruse und Marc Tomke, einem flinken, aber deutlich kleineren Rückraum-Trio agierte, musste für seine Treffer viel härter arbeiten. „Wir haben trotzdem genügend Chancen, nutzen aber einfach zu wenige davon“, bemängelte Jakobs.

Kempa-Pass kommt nicht an
So brachte Steinhaus die HSG Siebengebirge beim 19:20 (55.) zum allerersten Mal in Front. Mit ein paar guten Aktionen von Linksaußen Marc Pagalies drehten die Dinslakener das Spiel zwar kurzzeitig noch einmal, doch in den letzten Minuten war auch das Glück dem MTV wieder einmal nicht hold. Pagalies verzog in Überzahl, auf der anderen Seite parierte Marco Banning zwar den HSG-Siebenmeter, doch der Ball fiel dem Schützen wieder vor die Füße. Der 23. Gästetreffer war dann auch der siegbringende, weil Rheinwacht im letzten Angriff mit dem Versuch eines Kempa-Tricks scheiterte. Den Pass von Fabian Gorris, der in Hälfte zwei zuvor nur für Strafwürfe auf das Feld gekommen war, konnte Steffen Hahn auf Rechtsaußen nicht erreichen.

Die MTV-Spieler in der Einzelbewertung: www.nrz.de/sport-dinslaken
Dinslaken. Torhüter Nils Ahlendorf kann gegen die HSG Siebengebirge mit einer von Dennis Backhaus und Steffen Hahn gut geführten Defensive überzeugen. Es hat auch im siebten Anlauf nicht geklappt mit dem ersten Heimsieg in der Saison 2019/20. Die Handballer des MTV Rheinwacht Dinslaken, im Mai letzten Jahres als Aufsteiger noch umjubelter Überraschungsmeister, schweben weiter in großer Abstiegsgefahr. Beim 22:23 gegen die HSG Siebengebirge zeigten die Gastgeber zwar eine richtig starke Abwehrleistung, waren aber im Angriff nicht effektiv genug. Die Dinslakener Akteure in der Einzelbewertung:

Nils Ahlendorf: Wie schon in Remscheid vor Wochenfrist zeigte der MTV-Keeper eine richtig starke Leistung, brachte die Schützen der HSG Siebengebirge vor allem im ersten Abschnitt immer wieder zur Verzweiflung. Das extrem hohe Niveau konnte „Ahli“ in Hälfte zwei zwar nicht ganz halten, an ihm ließ sich die Niederlage aber ganz sicher nicht festmachen. Note 2+

Dennis Backhaus: Der lange verletzte Kreisläufer und Abwehrchef war im Mittelblock wieder die erhoffte Verstärkung. Gemeinsam mit Steffen Hahn hielt er den Laden hinten dicht. Dass es bei ihm nach dreimonatiger Pause noch nicht reicht, um in der Deckung und im Angriff Vollgas zu geben, kommt nicht überraschend. Note 2

Nils Kruse: Kam direkt nach der Pause in die Partie und führte im Angriff sehr ordentlich Regie, bereitete einige Durchbrüche gut vor. Gegen die HSG-Abwehr konnte sich Kruse selbst im Eins-gegen-Eins aber zu selten durchsetzen. Note 3

Fabian Gorris: Der Rückraumspieler erzielte in Hälfte eins einen Treffer aus der zweiten Reihe und überzeugte als sicherer Siebenmeterschütze. An seine Form aus der vergangenen Saison kommt Gorris, den zuletzt auch Achillessehnenbeschwerden plagten, aber aktuell bei weitem nicht heran. Trainer Harald Jakobs ließ ihn nach der Pause dann auch nur noch in den Schlusssekunden aufs Feld. Note 4

Marc Pagalies: Kam nicht gut ins Spiel, zeigte sein Potenzial aber in der Schlussphase, als er auf Linksaußen drei wichtige Tore erzielte. Der wichtigste in der letzten Minute ging aber über das Tor. Note 3-

Christoph Enders: Hatte es am Kreis schwer, weil der Rückraum einfach auch nicht gefährlich genug war, erzielte aber immerhin einen Treffer und holte mehrere Siebenmeter heraus. Note 3

Jonas Höffner: Hinten wie vorne solide. Erzielte in Hälfte eins ein schönes Tor, als er nach Balleroberung gedankenschnell den verwaisten Kasten des Gegners ins Visier nahm – und vom eigenen Sechsmeterraum traf. Note 3+

Mirko Krogmann: In der Form aus dem Remscheid-Spiel hätte der MTV den Halbrechten gestern sehr gut gebrauchen können. Nach seiner Einwechslung unterliefen „Kroki“ aber gleich zwei vermeidbare Fehler. Seine Wurfkraft kam nur ein einziges Mal zur Geltung. Der Gegner attackierte den Linkshänder auch früh. Note 4

Marc Tomke: Kam auch nicht so zum Zug wie in Remscheid und konnte seine Fähigkeiten im Eins-gegen-Eins zu selten ausspielen. Hinten gut. Note 3

Steffen Hahn: Der Rechtsaußen wird im Mittelblock immer stärker und war auch vorne mit sechs Treffern der beste Dinslakener Schütze. Das ein oder andere Tor mehr war aber auch für „Rudi“ drin. Note 2

Keeper Marco Banning kam in der Schlussphase zu seinem ersten Einsatz nach langer Verletzungspause. Für eine Bewertung stand der Kapitän aber zu kurz auf dem Feld. Genau wie Linksaußen Luca D’ Auria, der noch grippegeschwächt kaum spielte.