Handball

Harald Jakobs, sowas habe ich noch nie erlebt“

Dinslaken. Der scheidende Trainer des MTV Rheinwacht Dinslaken spricht im Interview über die schönsten Erinnerungen, den plötzlichen Abschied und die Fans.

MTV-Trainer Harald Jakobs in einer Auszeit mit seinen Dinslakener Handballern.

Wenn die Handballer des MTV Dinslaken über ihren scheidenden Trainer Harald Jakobs sprechen, loben sie stets die ruhige Art, mit der Jakobs seine Idee vom Spiel für gewöhnlich weitergibt. Was den Rheinwacht-Akteuren an der Art des Oberhausener Übungsleiters so gefällt, wird auch im Austausch mit den Medien deutlich. Der 59-Jährige ist kein Sprücheklopfer, hat aber trotzdem immer etwas zu sagen. Im Interview blickt Jakobs auf seine Zeit beim Regionalligisten und den ungewöhnlichen Abschied zurück.

Harald Jakobs, Sie hatten erst Anfang März erklärt, dass Sie zum Ende der Spielzeit als Trainer beim MTV Rheinwacht aufhören werden. Schon kurz danach kam der Saisonabbruch. Wie hat sich das plötzliche Ende ihrer Tätigkeit in Dinslaken für Sie angefühlt?

Wir hatten in der Woche vor dem Weiden-Spiel noch trainiert, dabei dann aber entschieden, die Partie aus Sicherheitsgründen erst einmal abzusagen und uns für die nächste Woche eigentlich wieder zum Training verabredet. Dann ging alles auf einmal sehr schnell. Für mich war das natürlich kein schönes Ende. Wir werden uns sicher in fünf oder zehn Wochen noch einmal zusammensetzen, aber die Konstellation ist dann schon längst eine andere. Der Abschied wird nicht mehr derselbe sein, als wenn wir die Saison ganz normal hätten zu Ende spielen können und ich dann vielleicht mit einem Kabinenfest meinen Ausstand gegeben hätte.

Aus sportlicher Sicht war der Abbruch für ihr Team aber ein Glücksfall, oder?

Das stimmt natürlich. Es wäre wirklich verdammt schwer geworden, den Klassenerhalt auf sportlichem Wege noch zu schaffen. Remscheid hatte im Winter kräftig aufgerüstet und Köln-Wahn hatte sich zuletzt richtig gut in den Abstiegskampf reingebissen. Natürlich gab es irgendwo noch ein klein wenig Hoffnung, dass bei uns Verletzte zurückkommen, aber das wäre dann wohl nicht der Fall gewesen. Da muss man realistisch sein.

Sie hatten nach der Meisterschaft im Vorjahr schon früh davor gewarnt, dass es eine sehr schwierige Saison werden würde. Hatten Sie es sich tatsächlich so schwierig vorgestellt?

Schon vor dem ersten Tag der Vorbereitung war mir klar, dass wir Probleme bekommen könnten. Zum einen war da die Tatsache, dass wir eine unheimlich lange und kräftezehrende Saison hinter uns hatten. Hinzu kam dass sich der Kader kaum verändert hatte und uns die Gegner nicht mehr unterschätzen und viel besser kennen würden. Die vielen Ausfälle haben es dann natürlich noch erschwert. Wenn du dann auf einmal nur noch einen hast, der aus dem Rückraum werfen kann, wird es für die Kontrahenten noch deutlich leichter, sich auf uns einzustellen.

Hätten Sie im Nachhinein vielleicht irgendetwas anders gemacht?

Das ist wirklich sehr schwer zu sagen. Ich habe mir eigentlich ständig Gedanken darüber gemacht, was man ändern könnte. Da ist mir aber nicht viel eingefallen. Wenn man zum Beispiel sieht, in welchen Abwehrkonstellationen wir Woche für Woche antreten mussten. Da sind dir als Trainer dann auch die Hände gebunden.

Der MTV bleibt nun aber Regionalligist, weil der Verband entschieden hat, dass es keine Absteiger geben soll.

Ja, das ist für uns jetzt natürlich irgendwie auch glücklich, aber mit Sicherheit die richtige Entscheidung. Man kann doch keiner Mannschaft sagen, die es noch hätte schaffen können, dass sie jetzt runter muss. Das sind alles keine leichten Entscheidungen. Ich möchte nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken. Die Aufstiegsfrage ist ja auch noch nicht geklärt. Speziell auf die Regionalliga bezogen denke ich aber, dass Opladen einfach aufsteigen muss. Sie waren die ganze Zeit oben und haben ihre Planungen ja auch längst auf einen Start in der 3. Liga ausgerichtet.

Keine leichte Entscheidung war es für Sie auch, im Sommer beim MTV aufzuhören und als Trainer erst einmal eine Pause einzulegen. Was genau hat da den Ausschlag gegeben?

Zum einen wollte ich einfach etwas kürzer treten, denn die letzten Jahre waren nicht nur schön, sondern auch anstrengend. Ich habe aber auch an die Jungs gedacht, denn ein paar neue Ideen werden ihnen sicher gut tun. Es ist ein bisschen wie in einer Ehe. Vieles wird in der Regelmäßigkeit dann auch selbstverständlich. Da braucht es mal frische Impulse. Die Mannschaft hat aus meiner Sicht weiter das Zeug dazu, oben mitzuspielen. Und der neue Trainer Boris Lietz wird sicher ganz schnell einen Zugang zu den Jungs finden. Auf der anderen Seite wird ihm die Corona-Krise den Start aber auch nicht einfach machen.

Wie fällt denn nun ihre Gesamtbilanz nach vier Jahren als Coach der ersten Dinslakener Mannschaft aus?

Harald Jakobs bejubelt mit seinem Team einen knappen Sieg. Foto: Jochen Emde/Funke Foto ServiceS

Die erste Saison war noch recht holprig. Da waren die Erwartungen im Verein aus meiner Sicht auch noch ein bisschen zu hoch. Doch was danach mit dem Aufstieg in die Regionalliga und der anschließenden Meisterschaft dort folgte, war natürlich großartig. Es war einfach toll zu sehen, wie die Halle immer voller wurde und die Fans uns auch auswärts enorm unterstützt haben. Die Anhänger haben uns wirklich manchen Punkt beschert. So etwas wie hier habe ich wirklich noch nicht erlebt. Über die jetzt abgebrochene Saison haben wir ja schon gesprochen, aber die macht den Gesamteindruck sicher nicht kaputt. Man muss auch sagen, dass wir als Team wirklich super funktioniert haben. Die Chemie in der Truppe stimmt einfach.

Gibt es Momente, an die Sie sich besonders gerne erinnern?

Ja, da gibt es wirklich viele. Das Spiel in Gladbach, als wir den Aufstieg in die Regionalliga perfekt gemacht haben, wird mir sicher unvergessen bleiben. Oder der Auswärtssieg in Ratingen und das Relegationsspiel zum Aufstieg in die 3. Liga gegen Plochingen, als wir zu Hause mit einer enormen Energieleistung noch den Ausgleich geschafft haben und die Halle fast geplatzt wäre. Es sind vor allem die Partien, wo es ganz knapp zuging und wir am Ende jubeln durften.

Gab es auch ein Spiel, in dem die Leistung ihrer Vorstellung vom Handball besonders nahe gekommen ist?

Die gerade erwähnten Spiele waren ja eher Kampfspiele, die vor allem von der Spannung lebten. Aber beim Sieg im Spitzenspiel der Vorsaison zu Hause gegen Opladen haben wir sicher eine unserer allerbesten Leistungen gezeigt. Das war wirklich überragend.

Sie legen jetzt eine Pause ein. Also kommt ein endgültiger Abschied vom Trainerjob für Sie noch nicht in Frage?

Nein, ich kann mir sehr gut vorstellen, nach einem Jahr Pause wieder etwas zu machen. Das könnte dann sicher auch eine ambitionierte A- oder B-Jugendmannschaft sein. Mal sehen.

Und bis dahin werden Sie sich bestimmt des Öfteren ihre ehemaligen Schützlinge in der Douvermannhalle ansehen.

Ja, das ist klar. Ich werde auf jeden Fall weiter mit den Jungs mitfiebern. In Zukunft halt aus einer anderen Perspektive.