Handball

Gemeinsam einsam

Regionalligist MTV Rheinwacht Dinslaken trainiert in den kommenden Tagen individuell und interaktiv. Boris Lietz kann die Kritik des Ligakonkurrenten OSC Rheinhausen an der Spielpause nicht nachvollziehen

Die Ligakonkurrenten MTV Rheinwacht Dinslaken und OSC Rheinhausen (blaue Trikots) sind sich nicht einig. Der Verein aus dem Duisburger Westen steht der Entscheidung, die Saison zu unterbrechen, kritisch gegenüber. Judith Michaelis FFS

 

 

Autor: Dirk Retzlaff und Sandra Goldmann

Dinslaken/Duisburg Die kommenden Tage werden einsame werden für die Regionalliga-Handballer des MTV Rheinwacht Dinslaken – zumindest aus sportlicher Sicht. Zu Beginn der Wochen haben Team und Trainer gemeinschaftlich beschlossen, das Training erst einmal einzeln und mehr oder weniger in Eigenregie fortzusetzen. „Es wird kein Hallentraining stattfinden, und wir werden uns auch nicht draußen zu einem gemeinsamen Training treffen. Wir werden stattdessen ein interaktives Trainingskonzept benutzen“, sagt Trainer Boris Lietz. Mit Lauf- und Kraftübungen und einem festgelegten Trainingsziel für die gesamte Mannschaft möchte Lietz sicherstellen, dass sein Team – sobald es in der Liga wieder losgehen kann — auch weiterhin möglichst fit ist.

Dass die Dinslakener schon bald wieder auf der Platte stehen, hält der MTV-Trainer allerdings beim aktuellen Infektionsgeschehen für „utopisch“. Lietz: „Das ganze System ist momentan sehr fragil. Bei den steigenden Fallzahlen ist die Situation prekär.“ Der MTV möchte abwarten, welche Maßnahmen die Politik beschließen wird, und erst dann entscheiden, wie das Training auf Dauer aussehen soll. Lietz erhofft sich baldige Klarheit darüber, wie es allgemein weitergehen soll. „Wir hoffen, dass bald bekanntgegeben wird, wie es weitergehen soll. Die Ungewissheit ist auch schwierig für die Motivation.“

Die Entscheidung, eine Spielpause einzulegen, befürwortet Boris Lietz. Beim Ligakonkurrenten OSC Rheinhausen löste die Saisonunterbrechung indes Unmut aus. In einer Stellungnahme kritisiert Abteilungsleiter Klaus Stephan die Stadt Duisburg und den Handball-Verband Niederrhein.

Die Stadt Duisburg hatte am vergangenen Mittwoch ein Kontaktsportverbot ausgesprochen. Am Freitag ruderte die Kommune zurück und erlaubte dem OSC, in der Halle Sport zu treiben. Da hatte der Verband aber bereits die Saison unterbrochen. „Entscheidungsprozesse wie die der vergangenen Tage tragen nicht dazu bei, mit einem Gefühl von Gemeinsamkeit den Kampf gegen Corona anzugehen. Vielmehr erhöhen sie die Frustration und das Gefühl, dass Maßnahmen unkoordiniert und eher chaotisch/zufällig gefällt werden. Das macht es schwer, diese Maßnahmen verantwortlich und solidarisch mitzutragen“, heißt es in der Erklärung von Klaus Stephan.

Der OSC-Chef bemängelt, dass weder Stadt noch Verband die Vereine in den Entscheidungsprozess mit einbezogen haben. Stephan verweist auf das Hygiene-Konzept des OSC und merkt zudem an: „Zu keinem Zeitpunkt ist es in Duisburg nach unserer Kenntnis zu einem größeren Corona-Ausbruch beim Sport gekommen.“

Aus eigener Erfahrung

Verstehen kann MTV-Trainer Boris Lietz die Kritik nicht: „Ich halte das nicht für angemessen. Ich denke, da passiert viel aus der eigenen Wahrnehmung heraus. Der OSC ist sehr gut in die Saison gestartet und da ist es klar, dass man den Status quo möglichst lange aufrecht erhalten möchte“, sagt Lietz, der ergänzt: „Wir sprechen aus eigener Erfahrung. Wir waren in Quarantäne, hatten einen Infektionsfall. Wir wissen, welche Folgen das hat, auch dass Arbeitgeber eventuell nicht so glücklich sind, wenn man in Quarantäne muss. Das kann jederzeit wieder passieren. Natürlich ist das mit den finanziellen Rahmenbedingungen schwierig, auch für uns. Aber es ist ein gesellschaftliches Problem, die Gesundheit muss im Vordergrund stehen. Wir bewegen uns auch noch immer im Amateurbereich und wenn man ehrlich ist, dann geht auch viel Spaß dadurch verloren, dass man sich nicht unbedarft in der Halle bewegen kann, dass da eben nicht ein paar Hundert Zuschauer sind, und dass man die Stimmung nicht voll auskosten kann.“

Auch OSC-Chef Klaus Stephan, der unterstreicht, dass die Gesundheit Vorrang haben muss, erhält ansonsten aber auch Widerspruch von Michael Peter, Funktionär bei der HSG Hiesfeld/Aldenrade. Peter erklärt: „Die endgültigen Entscheidungen (…) treffen Ministerien und steuern sie weiter an Kommunen. Warum also sollte der Verband nicht analog dazu damit umgehen dürfen?“ Peter befürwortet die Saison-Unterbrechung: „Es gibt wichtigere Dinge als Handball, und der Schutz der Beteiligten sollte über allem stehen. Brot und Spiele hin oder her.“