Handball

Der neue MTV Rhw drückt aufs Tempo

Regionalligist Rheinwacht hat in der Vorbereitung intensiv am Umschaltspiel gearbeitet. Die Vorfreude auf den Saisonstart am Sonntag gegen den OSC Rheinhausen ist riesig. Boris Lietz will in die obere Tabellenhälfte

Wael Ben Youssef ist mit seiner enormen Athletik ein absoluter Gewinn für die Dinslakener Regionalliga-Handballer. Der Tunesier kam im Sommer von Bayer Dormagen. Heiko Kempken FUNKE Foto Services

 

 

 

Autor: Timo Kiwitz

Dinslaken Psychologen nennen das Phänomen den Rezenzeffekt, der Volksmund sagt schlicht und einfach: Der letzte Eindruck zählt. Für Boris Lietz ist genau das kein Thema. Zumindest nicht, wenn mit dem letzten Eindruck auch das letzte Testspiel seiner Dinslakener Regionalliga-Handballer gemeint sein soll, das vor fast drei Wochen gegen den Nachbarn aus Hiesfeld ziemlich daneben ging. Die 24:27-Niederlage hat der Trainer des MTV Rheinwacht schon lange abgehakt. In den jüngsten Trainingseinheiten präsentierten sich seine Schützlinge auch wieder von ihrer deutlich besseren Seite. Genau wie über weite Strecken der insgesamt dreieinhalb Monate langen Vorbereitung, die am Sonntag um 11.15 Uhr endgültig beendet sein wird. Dann empfangen die Dinslakener zum Auftakt in der Douvermannhalle den OSC Rheinhausen.

Eigentlich hätte die Regionalliga-Saison schon Ende August beginnen sollen, doch die ersten drei Spieltage wurden kurzerhand noch einmal abgesetzt und hinten dran gehangen. Umso mehr sehnen die Protagonisten mittlerweile den Startschuss herbei. „Die Vorfreude ist riesig. Training und Vorbereitungsspiele sind das eine, aber es ist jetzt einfach auch brutal wichtig, dass es wieder um Punkte geht. Darauf haben alle über ein halbes Jahr gewartet“, sagt Boris Lietz.

Der 39-Jährige, der zuvor den Birkesdorfer TV in der Oberliga Mittelrhein gecoacht hatte und seit dem 1. Juni als Nachfolger von Harald Jakobs die sportlichen Geschicke des MTV-Aushängeschildes lenkt, geht optimistisch in die Spielzeit: „Wir wollen uns auf jeden Fall in der oberen Tabellenhälfte wiederfinden. Als Trainer möchte ich natürlich immer die perfekte Saison spielen. Natürlich gibt es Teams, die vom Personal her noch höher einzuschätzen sind, aber der MTV hat ja in der vorletzten Saison schon einmal gezeigt, was trotzdem möglich sein kann“, formuliert Lietz den eigenen Anspruch recht forsch. Dabei weiß der Dinslakener Coach natürlich auch, wie wichtig ein erfolgreicher Saisonstart ist, um in einen ähnlichen „Flow“ wie in der Meistersaison 2018/19 zu gelangen.

Hahns Abgang schmerzt noch

Personell scheint Rheinwacht in jedem Fall deutlich besser aufgestellt als in der Vorsaison, in der die Dinslakener beim Corona-Abbruch sogar Tabellenletzter waren. Vielleicht sogar besser aufgestellt als je zuvor. Der Abgang von Rechtsaußen und Publikumsliebling Steffen Hahn, der zum ambitionierten Drittligisten nach Krefeld wechselte, schmerzt zwar immer noch, trotzdem hat der MTV auf nahezu allen anderen Positionen wieder an Qualität hinzugewonnen. Ganz sicher auch im Tor, wo der drittliga-erfahrene Dean Christmann in den Vorbereitungspartien immer wieder zeigte, welch großer Rückhalt er für das Team sein kann. Im Rückraum dürften die Qualitäten von Wael Ben Youssef den MTV deutlich weniger berechenbar machen. Der Tunesier, der vorher in der Reserve von Bayer Dormagen spielte, kann sich mit seiner Athletik und seinen Stärken im Eins-gegen-Eins – auch und gerade über die zweite Welle – zu einem echten Trumpf entwickeln. Mit Fabian Hoffmann, der vom Verbandsligisten HSG Wesel kam und aus dem Abwehrzentrum fast gar nicht mehr wegzudenken ist, sowie dem blitzschnellen Linksaußen Lucas Feld schlugen auch die anderen beiden Neuzugänge gleich sehr gut ein.

Über weite Strecken der Vorbereitung hat Lietz mit seiner Mannschaft ganz intensiv am Tempospiel gearbeitet. Das schnelle Umschalten nimmt in der Spielphilosophie des neuen Übungsleiters eine ganz wichtige Rolle ein. Der hohe Aufwand hat sich aus des Trainers Sicht gelohnt: „Ich bin wirklich begeistert, mit welchem Ehrgeiz und Verbesserungswillen sich die Jungs daran begeben haben.“

Die kollektiven Lösungen im gebundenen Angriffsspiel standen im Training erst einmal hinten an, wurden in den letzten Wochen aber auch intensiver eingeübt. Eine neue Dinslakener „Waffe“ könnte auch das Agieren mit einem siebten Feldspieler werden, was sich für Lietz auch allein durch die Klasse seiner beiden Kreisläufer Dennis Backhaus und Christoph Enders als weiteres Mittel anbietet. Noch nicht ganz soweit wie erhofft ist der Coach dagegen beim Einstudieren neuer, offensiverer Deckungsvarianten gekommen. Was sich im Laufe der Zeit aber noch ändern soll. Und Zeit, die will der neue Trainer beim MTV noch jede Menge verbringen: „Ich könnte mich wirklich nicht wohler fühlen“, sagt Boris Lietz.